Buchcover: Glücklich trotz Depression
Glücklich trotz Depression

Glücklich trotz Depression – Ulrike Michels zeigt, dass Lebensfreude auch im Schatten wachsen kann

Es gibt Bücher, die leise in einen hineingehen – und dann bleiben. „Glücklich trotz Depression“ von Ulrike Michels ist so eines. Kein Ratgeber aus der Distanz, sondern das Protokoll einer Frau, die die Krankheit Depression nicht nur kennt, sondern mit ihr lebt. Sie schreibt nicht als Therapeutin, sondern als Betroffene, als Mutter, als Mensch mit täglicher Trainingserfahrung gegen das Dunkel.

Zwischen Klinikbett und Küchenstuhl

Michels erzählt von Zusammenbrüchen, von Medikamenten, von Angst, Scham und Müdigkeit. Aber sie erzählt auch von Mut. Von der Fähigkeit, winzige Lichtblicke zu erkennen. Von der Kraft, weiterzugehen, selbst wenn nichts mehr geht. Ihre Sprache ist klar, warm und nah – ohne Pathos, ohne Pose. Man spürt, dass jeder Satz durchlebt ist.

Besonders eindrucksvoll sind die Passagen, in denen sie die Alltäglichkeit der Depression beschreibt: das Funktionieren im Job, während innerlich alles stillsteht. Das Muttersein in der Erschöpfung. Das mühsame Wiederlernen von Freude, Nähe und Selbstvertrauen. Das ist schmerzhaft – aber auch zutiefst menschlich.

100 Anregungen, keine Anweisungen

Im Hauptteil des Buches präsentiert Michels 100 Impulse, die sie selbst über Jahre hinweg erprobt hat. Keine dogmatischen Rezepte, sondern Anregungen, die sich anfühlen wie kleine Gesprächseinladungen: Bewegung, Schlaf, Ernährung, soziale Kontakte, Meditation, Dankbarkeit, Sexualität, Arbeit, Sinn. Alles gehört dazu, weil alles Teil des Lebens ist.

Sie nennt es ein „Buffet, kein Menü“ – und genau das ist der Clou. Jeder darf sich nehmen, was gerade passt. So wird Selbsthilfe zur Selbstfürsorge, nicht zur Selbstoptimierung.

Ein Buch über Würde, nicht über Schwäche

„Ich bin depressiv – und trotzdem glücklich“, schreibt Michels. Dieser Satz bleibt hängen. Er widerspricht dem gesellschaftlichen Narrativ, dass Glück nur ohne Schmerz möglich sei. Ihre Offenheit entstigmatisiert, weil sie zeigt, dass psychische Erkrankungen nichts mit Charakter, sondern mit Biologie, Biografie und Belastung zu tun haben.

Das Buch ist auch ein Aufruf zur Empathie – für uns selbst und für andere. Es erinnert daran, dass Heilung kein Ziel, sondern ein Weg ist, und dass dieser Weg in kleinen Schritten gegangen werden darf.

Warum dieses Buch wichtig ist

In einer Zeit, in der Depression oft romantisiert, stigmatisiert oder verdrängt wird, schafft Michels eine ehrliche Balance: Sie schreibt über diese an sich grauenvolle Krankheit, ohne sie oder sich zu verklären. Sie benennt das Schwere – und zeigt trotzdem Wege zum Licht. Das ist sehr wichtig. Gerade heutzutage, wo alles in Selbsterhöhung, Marketing und Populismus (ungültige Vereinfachung komplexer Zusammenhänge) ertrinkt.

Therapeutin Rammiya Gottschalk nennt es im Vorwort einen „Wegweiser für alle, die kämpfen“ – und das trifft es. Dieses Buch kann keinen Arzt ersetzen, aber es kann Halt geben, Hoffnung, kleine Lichtblicke, ein klitzekleines Lächeln. Es kann die Wartezeit auf Therapie überbrücken, Verständnis schaffen, das Schweigen brechen.

Und auch für Menschen, die ihre depressive Episode überwunden haben – wie ich – kann dieses Buch ein geduldiger Begleiter sein, in das man gerne hineinschaut und sich ein Häppchen Zuversicht und Wärme rausholt – und so tapfer und aufrecht an seiner Heilung weiterarbeitet. Tolles Buch. Wirklich.

Was ich daraus mitnehme

Dieses Buch ist kein Pflaster, sondern ein Werkzeugkasten. Es lädt ein, das eigene Leben, die eigene Seele, das verwundete Herz achtsam zu reparieren – mit Geduld, Humor und Zärtlichkeit. Ulrike Michels beweist: Glück ist kein Dauerzustand, sondern ein tägliches Üben. Und manchmal reicht schon die Entscheidung, weiterzuatmen.

Glücklich trotz Depression: 100 Anregungen zur Selbsthilfe bei seelischen Krisen und emotionalen Konflikten

von Ulrike Michels
256 Seiten, TRIAS Verlag (2025)
ISBN 3432119798
Buch gerne hier bestellen

Über die Autorin

Ulrike Michels ist Autorin, Coachin und ehemalige Führungskraft, die seit über zehn Jahren mit einer therapieresistenten Depression lebt. Aus der Erfahrung einer langen Krankheitsgeschichte heraus hat sie einen eigenen Weg gefunden, der zwischen Akzeptanz und Aktivität balanciert. Sie schreibt und arbeitet mit einer bemerkenswerten Mischung aus Klarheit und Mitgefühl – ohne Betroffenheitspathos, aber mit tiefer Menschlichkeit. Ihr Wissen speist sich aus medizinischer Recherche, Therapieerfahrung und der täglichen Praxis, sich selbst immer wieder zu stabilisieren. Michels lebt in Deutschland und setzt sich engagiert für Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen ein – als Stimme derer, die sonst oft im Stillen kämpfen.

Video: Bin ich depressiv?

Wie erkenne ich eine Depression

Akute Hilfe bei Depressionen:

  • Info-Telefon Depression (Deutsche Depressionshilfe): Auskunft über die Krankheit und Hinweise auf Anlaufstellen im Versorgungssystem: 0800 3344533 
  • Überregionale Krisentelefone: Mailberatung sowie Chatberatung sind bei allen Anlaufstellen über die Website möglich
    In Deutschland = Tel.: 0800 / 11 10 111 oder Tel.: 0800 / 11 10 222 – rund um die Uhr. Siehe www.telefonseelsorge.de
  • Kinder- und Jugendtelefon: Tel. 11 61 11 (Mo – Sa 14:00 – 20:00 Uhr)
  • Elterntelefon: Tel. 0800 11 10 55 0 (Mo – Fr 9:00 – 17:00 Uhr, Di+Do bis 19:00 Uhr)
    www.nummergegenkummer.de

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